Mittwoch, 24. Dezember 2014

Heiser HeiligAbend Heimat

Alles ist vorbereitet, einige Stunden Krippenspiel- und Singproben wurden von vielen Engagierten getragen, die Kirche ist herausgeputzt, die Krippe aufgebaut, Technik organisiert, Kulissen gebaut, Überraschungen für die Kinder, die mitmachen, in den Baum gehängt und darunter gestellt, Liedzettel ... ich freue mich auf die Krippenfeier!

Allerdings scheint mir die Erkältung oder wie auch immer man das nennen will einen Strich durch das traditionell von mir gern gesungene weihnachtliche Exsultet zu machen - ich bin gespannt, ob ich heute überhaupt ein Wort ins Mikrofon hauchen kann. Ich überlege, was mir wohl die Sprache verschlagen hat ...
- Pegida und Bogida?
- Die Sorge, die richtigen Worte zu finden, die viele erreichen?
- Niemanden erschrecken zu wollen und doch nicht in Belanglosigkeit zu bleiben?
- Die vielen anstehenden Aufgaben, alltägliches und Projekte?
- oder verschiedene Unsicherheiten?

In der Mitte dieser Heiligen Nacht und so auch in den Gottesdiensten steht das menschenfreundliche Gottesbild, das wir als Christen verkünden dürfen: Gott ist nicht jenseits und ganz fern unseres Lebens und außer in der Kirche haben wir nichts mit ihm zu tun, sondern er ist Mensch geworden. Es geht da nicht um die historische Beschreibung einer Nachrichtensendung (wie ich es gestern bei "Logo" sehen durfte), sondern um theologische Wahrheit. Nachdenken über den Sinn meines Lebens. Gott IST Geschichte der Menschen. Ob der Stall ein Holzdach hatte oder eher eine Höhle nahe des Dorfes war, ist wirklich nicht von Bedeutung für den Glauben. Höchstens für Nachrichtensprecher. Aber das man den Medien gegenüber auch kritisch sein muss, weiss inzwischen doch auch fast jeder. Die Auswahl und die Art und Weise des Berichtens macht Meinung.

Ich meine und ich glaube, dass Gott Mensch wurde, damit auch ich ganz Mensch werden kann. Denn Mensch sein bedeutet für mich ganz sein, mit meinen Höhen und Tiefen, meine Stärken und Schwächen, meinen Leistungen und meinen Fehlern. Mich ganz anschauen zu lassen, das Licht von Betlehem, das Licht eines freundlich lachenden Kindes auch in meine dunklen Ecken zu lassen und mich auch da und ganz verändern zu lassen, das zuzulassen und zumindest immer wieder zu versuchen, das will ich mir immer wieder vornehmen. Das macht Christen aus. Kein Verdrängen, kein Totschweigen, kein blindes und dumpfes Vorurteile wiederholen, keine Schubladen, kein Pauschalieren, kein Berechnen ...
Jetzt wird es wohl für viele zu "Sozial-romantisch"?
Man muss doch realistisch bleiben?
Gerne bin ich zum Dialog darüber bereit. Kommentare hier muss ich zwar freischalten, aber wenn ich mir die Reaktionen auf großen kirchlichen Seiten in sozialen Netzwerken anschaue, dann erschrecke ich micht nicht.
Aber lassen Sie es sich gesagt sein und sagen Sie es weiter: Wer das Geheimnis der Menschwerdung verneint und die Nächstenliebe, an die das Kind im Stall uns erinnert, der sollte besser keine Weihnachtslieder singen.

Vor fast 1000 Jahren hat eine kluge Frau der Kirche gesagt, dass Gott Mensch wurde, damit der Mensch Heimat in Gott habe. Hier hat mich die Frage nach der Heimat sehr berührt. Heimat ist nicht nur ein Begriff der Volkstümlichkeit, sondern ein Gefühl, dass ich in vielen Bereichen zulassen und schätzen kann. Wo fühle ich mich zu Hause? Und was bedeutet es, wenn vieles oder sogar alles verloren geht, was vertraut war? Wie wünsche ich mir da Hilfe, oder wie kann ich anderen helfen in einer solchen Not?
Es gibt viel Heimatlosigkeit in unserer Zeit - ich möchte nicht nur an Weihnachten mithelfen, dass dies weniger wird. Nehmen wir das Licht von Betlehem mit, ob als Flamme, oder in den Gedanken, aber bitte nicht nur an den beiden gesetzlichen Feiertagen.
Vielleicht auch ganz konkret für Flüchtlinge in meiner Stadt?


Das tatsächliche Licht von Betlehem hat es auch bis in unsere Kirchen geschafft - das finde ich auch immer wieder beeindruckend und ein starkes Zeichen und mit meiner kleinen Laterne (mit der ich es auch schon von der einen zur anderen Kirche gebracht habe) nehme ich es heute auch mit nach Hause.

Frohe Weihnachten!
(Danke liebe Apostel!)


Montag, 22. Dezember 2014

seht die vierte Kerze ...

Foto: Benedikt Bungarten
Texte aus unserer Frühschicht zum vierten Advent: 
 Aber die Zeit des Wartens auf die Ankunft des Herrn, kennt auch eine andere Seite. Für die hochschwangere Maria und  für Josef waren die Wochen der freudigen Erwartung auf das Kind, bestimmt von einer unfreiwilligen strapaziösen Reise von Nazareth nach Bethlehem. Um dann bei ihrer Ankunft in Bethlehem trotz einsetzender Wehen keine Unterkunft oder Aufnahme zu finden. 

Deshalb gehören  zum Advent auch die Erfahrungen des Unterwegsseins, von Heimatlosigkeit und der Sehnsucht nach einem Dach über dem Kopf. Es ist eine Zeit die uns wachsam und sensibel machen möchte für unsere eigene Beheimatung aber auch für Menschen, die gerade jetzt unter innerer und äußerer Obdachlosigkeit leiden.


 ... Derzeit sind weltweit mehr als 50 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg, Gewalt und Verfolgung. Für die meisten von ihnen gilt, wie vor 2.000 Jahren: Es ist kein Platz da in der Herberge. Auch in Deutschland nimmt die Zahl der Obdachlosen stetig zu. Schätzungsweise gibt es 290.000 Wohnungslose. Besonders in der Advents- und Weihnachtszeit werden sich viele ihrer Obdachlosigkeit schmerzhaft bewusst. Auch ein behagliches Zuhause kann nicht verhindern, dass Advent und Weihnachten zu einer Zeit der seelischen Obdachlosigkeit werden können, wenn nämlich die „Stille Nacht“ die Einsamkeit besonders spüren lässt, wenn Trennungsschmerz oder Trauer um geliebte Menschen mit ungeahnter Wucht einbrechen.

Welches Schicksal von Heimat- und Obdachlosigkeit berührt mich am meisten?
Welche liebgewordenen, vertrauten Erinnerungen verbinde ich mit Advent und Weihnachten?
Was macht diese Zeit für mich so heimelig?
Gibt es bei mir auch Momente des Unbehagens an dieser heiligen Zeit?
Wo kann ich Heimat finden und anderen Heimat sein?
  
Nun, das heutige Türchen im Adventskalender von Caritas International weist einen Weg, der in Sankt Augustin sogar schon einen Meldebogen hat:

Mittwoch, 17. Dezember 2014

seht die dritte Kerze ...



Foto: Benedikt Bungarten
Texte aus unserer Frühschicht zum dritten Advent:

Weit streckt das Land sich hin, soweit das Auge reicht. Viele Straßen durchziehen das Land, breite Straßen kreuzen sich, schmale Wege teilen das Land und die Äcker.Wer wird auf ihnen gehen?Der Kaiser hatte befohlen: „Jeder gehe mit seiner Familie in seine Heimatstadt, wo er geboren wurde. Der Kaiser will die Menschen zählen und in Listen eintragen lassen.“Bald werden die Menschen über das Land wandern, die Straßen füllen, das ganze Land kommt in Bewegung, sie ziehen von einer Stadt in die andere. Maria und Josef müssen aus Nazareth fort. Sie wandern nach Bethlehem. Das ist die Stadt Josefs. Wie lang ist noch der Weg? Dort, wo die Sonne untergeht, wo die Nacht heraufzieht, dort ist das Ziel.Noch leuchten die Lichter in den Fenstern, noch sind Menschen wach. Wartet jemand auf Josef, auf Maria, auf das Jesuskind? Werden Maria und Josef Unterkunft finden, ein Zimmer, ein Bett, einen Platz für die Nacht? Bald wird das Kind geboren. Wo kommt es zur Welt?
 

Gebete auf Sternen

Gib mir Augen, mit denen ich in die Welt schauen kann, mit denen ich sehe, wo man mich braucht und mit denen ich sehe, dass man mich braucht. Augen mit denen ich dich sehen kann. 
Lass mich lernen zu leben, mit anderen zu leben  

Gib mir Ohren, mit denen ich hören kann. Mit denen ich zuhören kann, mit denen ich aufhorchen kann.
Lass mich lernen zu leben, mit anderen zu leben  
Gib mir Hände, mit denen ich greifen kann, mit denen ich zugreifen kann. Gib mir Hände, um dich zu begreifen.
Lass mich lernen zu leben, mit anderen zu leben
 
Gib mir ein Herz, das offen ist: für die Nöte und Ängste, aber auch für die Liebe anderer.
Gib mir ein Herz, mit dem ich sehen kann, auf das ich hören kann und mit dem ich dich anfassen kann.
Lass mich lernen zu leben, mit anderen zu leben
  
Ich will dir nahe sein; ich bin es bereits, lass mich das nicht vergessen.
Lass mich in den Fremden unter uns, dich erkennen. Schenke mir Augen, Ohren, Hände und ein Herz für die Flüchtlinge dieser Tage, gerade hier in Sankt Augustin.

Lass mich lernen zu leben, mit anderen zu leben
 

Samstag, 13. Dezember 2014

seht die zweite Kerze ...


Foto: Benedikt Bungarten
Ein Text, der in unserer Frühschicht (Morgengebet bei Kerzenschein in der Kirche, Freitags 6:00) zum zweiten Advent vorgetragen wurde:


Gott mag die schmalen Wege,
die staubigen, auf denen man sich dreckig macht.
Wege auf denen man Begegnungen nur schwer ausweichen kann,
wo Zeit ist für einen Gruß, für ein paar nette Wort.
Ihm den Weg bereiten:
Für mich heißt das nicht, Wege breit zu machen, zu teeren und mit Schildern zuzupflastern.

Für mich heißt es:
Stelle dich an den Anfang seines Weges. Mache die ersten zaghaften Schritte.
Geh solidarisch mit den Menschen – gerade auch mit den „Kleinen“ (und „Fremden“) in unserer Welt, teile, was Du hast und lass Dich beschenken. 

Eine Stimme ruft: Bahnt für den Herrn einen Weg durch die Wüste!
Baut in der Steppe eine ebene Straße für unseren Gott! 

Veränderungen sind etwas, das uns Menschen schwerfällt.
Wir leben gerne in der Gewohnheit, bauen auf Traditionen und fühlen uns sicher, wenn wir wissen wo es lang geht.
Ist das nicht eine zu starke Änderung, die uns zu sehr herausfordert? 
(Auswahl nach C.M., J.D., H.G.)


Nachschlag:
Was alles so los ist in Sankt Augustin: Jedes Wochenende mehrere Advents- und Nikolaus- und sonstige Märkte. Pleeser Advent, Birlinghoven, Adventsmarkt in Buisdorf, Hangelar, Menden, Ort ... Nicht jeder hatte perfektes Wetter, aber bisher war es meist recht gut. Ich glaube allerdings nicht, das gutes Wetter zum Glühweinverkauf wirklich Gottes Baustelle ist oder Apostel mit Wetterfunktionen zu einem Stadtteil gehören, wie es leider immer wieder mal in der lokalen Presse berichtet wird. Ja, manche mögen das gerne als folkloristische Selbstbestätigung und Beweihräucherung haben, aber der Sache an sich, die die Worte berühren - das Gott in unserem Leben eine Rolle spielen kann und das dieser Glaube lebendig gelebt wird - wird damit geschadet und ein hilfreiches Gottesbild wird damit verdunkelt. Manche hängen sich auch an Worten und Namen auf, aber auch das Verbieten und Verneinen hilft nur bedingt bei der Verbreitung der frohen Botschaft.
Und über manches am Besten einfach mal nur Freuen und Danke sagen ...